Prävention von gewalttätigem Extremismus ist zum neuen Kompass der Politik geworden. Das globale Label verschafft PopulistInnen und AutokratInnen aller Couleur frische Legitimation. Terrorismusprävention wird zu einer zentralen Raison d’être des neoliberalen Staates. Seine Medien-, Migrations-, Rüstungs-, Religions-, Geschlechter- oder Menschenrechtspolitik werden auf Linie gebracht. Es fehlt nicht an Verzweifelten und Verblendeten, die zu allem bereit sind und die Rolle von Todfeinden staatlicher Macht einnehmen. Die USA zum Beispiel haben allerdings in Saudiarabien, im Irak oder in Afghanistan auch selber viel dazu beigetragen, jene Terroristen zu schaffen, deren Bekämpfung sie sich dann verschreiben konnten.
Über die Ursachen der Konflikte aber herrscht Schweigen. In Gaza sind es Vertreibung und Enteignung, Abriegelung und Perspektivlosigkeit der Massen, Korruption der Eliten. Gaza steht exemplarisch für globale Entwicklungen. Menschen, die sich politisch auffällig manifestieren oder allenfalls zu Gewalt bereit sind, können von Scharfschützen oder Drohnen abgeschossen werden, wenn sie zu TerroristInnen erklärt werden. Der 11. September 2001 war zwar eine Zäsur, Terrorismus ist aber nichts Neues. Prävention legitimiert – Israel ist nur ein Beispiel – fast jegliche militärischen Kosten und Formen von Gewalt, uneingeschränkte High-Tech-Überwachung, dazu die systematische Stigmatisierung der «feindlichen» Bevölkerungsteile. Doch der Kampf gegen den Terror frisst sich auch ins eigene Recht, in die eigene Moral, ins eigene Unterbewusstsein hinein. Frieden und Menschenrechte sind im besten Fall Mittel zum Zweck, im Normalfall des Ausnahmezustandes problemlos verletzbar.