Die Spuren einer «Revolution» sollen gesichert werden: Fünfzig Jahre nach dem Ereignis, das den Namen «Achtundsechziger-Bewegung» trägt. Ach ja, wie haben wir sie geliebt! Doch in der Zwischenzeit ist der Begriff schal geworden – muss doch heute zum Beispiel jede neue Generation eines technischen Gerätes, sei dies ein Smartphone oder Auto, als Produkt einer noch nie dagewesenen «Revolution» auf den Markt geworfen werden.
Was auch immer dieses Ereignis dargestellt haben mag – Revolution, Revolte, Aufbegehren: Selbst in der behäbigen Bundeshauptstadt ist es gesichtet worden. Davon legt ein Buch von vier Berner Journalistinnen und Journalisten Zeugnis ab. Acht Frauen und elf Männer, die dabei waren, werden darin porträtiert. Die Autorinnen und Autoren fragen nach, wie es damals war, und sie wollen auch wissen, wo die Befragten heute stehen. Eins lässt sich schon vorab sagen: KonvertitInnen, von denen es gewiss genügend gibt, hat dieses Buch kein Forum geboten.
Zwei Aspekte fallen dem Leser, der die Verhältnisse in der Aare-Stadt nicht so genau kennt, besonders auf: Da ist zum einen die wichtige Rolle, die den sogenannten Nonkonformisten zukam. Diese zumeist linksliberalen Intellektuellen, die unter dem vorherrschenden Klima eines rigiden Antikommunismus litten, haben in den frühen sechziger Jahren den Boden für die Berner Bewegung bereitet. Sie schrieben Bücher, gaben Zeitschriften wie die Neutralität heraus und hielten Vorträge – beispielsweise in der legendären Junkere 37, einem Altstadtkeller, der später als «Brutstätte der 68er-Bewegung» bezeichnet wurde. Männer wie der Schriftsteller Peter Bichsel, der Volkskundler Sergius Golowin oder der Pfarrer Kurt Marti traten dort auf. Frauen spielten offenbar keine Rolle. Der Berner Journalist Heinz Däpp (Jahrgang 1942) berichtet: Die Nonkonformisten, das sei «eine klar hierarchisch organisierte Gesellschaft» gewesen – und soweit also auch ein Abbild der Schweiz jener Jahre.