Neue Wege 5.20: Am Anfang das Wort - Neue Lyrik

Redaktion Neue Wege, 27. April 2020
Neue Wege 5.20

Ein Gedicht ist ein Problem, welches gelöst werden muss. Vers für Vers soll dechiffriert und übersetzt werden. Und wer das nicht schafft, das Gedicht also nicht «versteht», ist eben zu dumm … So oder so ähnlich haben wohl viele Menschen Lyrik kennengelernt. Das verschafft der Lyrik einen hartnäckigen Ruf, unverständlich und elitär zu sein.
Eva Maria Leuenberger und Levin Westermann – beide Lyriker*innen, auf die derzeit viele aufmerksam werden – und der Literaturwissenschaftler Sandro Zanetti wehren sich im Neue Wege-Gespräch gegen diesen Ruf. Sie schätzen Lyrik gerade deswegen, weil sie – unabhängig von analytischem Verständnis – emotional berühren und bewegen kann. Und weil sie neue, vielleicht unbekannte Sprachwelten eröffnen kann. Gedichte sind Einladungen.
Das Heft versammelt eine Vielfalt solcher Einladungen, zum grösseren Teil noch unveröffentlichte Gedichte von Klaus Merz, Eva Maria Leuenberger, Ruth Loosli, Nora Gomringer, Levin Westermann, Raphael Urweider, Ilma Rakusa, Thomas Gröbly, Marilyn Umurungi, Noemi Somalvico und Uwe Kolbe.

Dass auch ein analytischer Zugang zu Lyrik durchaus lustvoll und anregend kann, zeigt Andreas Mauz am Beispiel des berühmten Gedichtes Abendlied von Matthias Claudius. Deutlich wird dabei, dass Gedichte auch Ausdruck von Gotteserfahrung sein können. Auch für Nora Gomringer sind Gedichte manchmal Gebete: Wir haben Gottesanbieterin, das neuste Buch der Lyrikerin und Performerin, gelesen und kommentiert.
Eine ganz besondere Freude bereitet uns die Zusammenarbeit mit dem renommierten syrischen Kalligrafen Munîr al-Schaarâni. Er prägt die zeitgenössische arabische Kalligrafie. Seine Werke – zumeist Umsetzungen von Versen arabischer Lyrik – sind in Museen und Sammlungen auf der ganzen Welt zu sehen. Für die Neuen Wege hat er seinen Zugang zur Kalligrafie in Worte gefasst.

Gute Lektüre!
Laura Lots, Matthias Hui und Geneva Moser

PS: Besonders an diesem Heft: Auch die Kolumnen sind für einmal lyrisch oder der Lyrik gewidmet!

 

Inhalt

Gedichte von:
Klaus Merz
Eva Maria Leuenberger
Ruth Loosli
Nora Gomringer
Levin Westermann
Raphael Urweider
Ilma Rakusa
Thomas Gröbly
Marilyn Umurungi
Noemi Somalvico
Uwe Kolbe

Neue Wege-Gespräch mit Eva Maria Leuenberger, Levin Westermann und Sandro Zanetti
«Ein Gedicht trifft mich dort, wo ich nicht schon bin»

Rahel und Samira El-Maawi
Anstoss!: Schwesternschaft-en

Andreas Mauz
Impuls: Nur halb zu sehen. Zu Matthias Claudius’ Abendlied

Geneva Moser
Gefühlsduselei: Wie dich fassen?

Matthias Hui
Nadelöhr: Universalpoet Ernesto Cardenal (1925 – 2020)

Geneva Moser
Lesen: Gebete mit Gomringer

Munîr al-Schaarâni
Aus der Erstarrung lösen

Munîr al-Schaarâni
Kalligraphien

Bestellung (Einzelheft, 32 Seiten, CHF 9.-):
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Am 29. April feierten die Neuen Wege auf Einladung von «VIRAL - dem online Literaturfestival in Zeiten der Quarantäne» eine digitale Vernissage. Der Videostream mit Lesungen von Eva Maria Leuenberger, Marilyn Umurungi, Raphael Urweider und Ilma Rakusa ist auf der Webseite der Neuen Wege abrufbar.