Der Philosoph Beat Dietschy führt in dieses fundamental erweiterte Rechtsverständnis ein. Er kommt zum Schluss, dass Rechte der Natur bedeuten, dass die Menschen ihre Herrschaft über die Natur zu beherrschen lernen und dem kapitalgetriebenen Verwertungszwang eine Grenze setzen. Ziel ist eine andere Kommunikation mit der Erde.
Der Ansatz der «Rechte der Natur» ist stark von indigenem Denken und dessen Auswirkungen auf lateinamerikanisches Verfassungsrecht inspiriert. Elisa Loncon, Sprachwissenschaftlerin, feministische Aktivistin und ehemalige Präsidentin der Verfassunggebenden Versammlung in Chile führt in das Denken der Mapuche ein. Mit «Azmapu» wird dort zum Ausdruck gebracht, dass für gutes Leben für alle Menschen die Verbundenheit mit allen Wesen der Natur der Erde zentral ist: Wir existieren auf der Grundlage dieser wechselseitigen Beziehungen.
Der Theologe Michael Nausner zeigt, wie sich theologisches Denken der mehr-als-menschlichen Welt zuwenden kann. Das Modell der Rechte der Natur und die Vorstellung der Gegenseitigkeit zwischen dem Menschen und dem Mehr-als-Menschlichen bieten Möglichkeiten zum dringend notwendigen Paradigmenwechsel.
Die Autor*innen Judith Keller und Christian Finger erzählen eine wundersame Geschichte, in der in einer ruhigen Nacht vermutlich auch Plüsch-Eulen durch ein menschenleeres Ikea-Gebäude fliegen.
Im Neue Wege-Gespräch machen sich die Nationalrätin Marionna Schlatter (Grüne), die Juristin Fiona Leu von der Universität Bern und der Journalist Marcel Hänggi Gedanken, wie sich «Rechte der Natur» im schweizerischen Kontext verwurzeln liessen. Sie finden in der Bundesverfassung, in kreativen rechtlichen Verfahren, in verschütteten Grundhaltungen zur Natur vieler Menschen oder in der Beschäftigung mit Pilzen überraschende Anknüpfungspunkte.
Die Bildstrecke Entangled Life (Verflochtenes Leben) von Chris Harker stellt Pilznetzwerke ins Zentrum als mögliche Weltwahrnehmung jenseits anthropozentrischer Vorstellungen.
Die Zeitschrift Neue Wege versucht, auch mit dieser Ausgabe ein Angebot zu machen, über Gewohntes hinauszudenken. Die Zeiten sind so, dass die Welt und die Schweiz andere Erzählungen und umfassendere Alternativen benötigen – Gegenentwürfe zu angeblich unverbrüchlichen Gegebenheiten und zu mächtiger werdenden rechtsextremen und lebensfeindlichen Haltungen.
Inhalt
Warum Rechte der Natur?
Beat Dietschy
Azmapu: eine indigene Weltsicht
Elisa Loncon Antileo
Rechte der Natur aushandeln
Neue Wege-Gespräch mit Marcel Hänggi, Fiona Leu und Marionna Schlatter
Gegenseitigkeit als Grundlage für die Rechte der Natur
Michael Nausner
Überraschende Gästin
Judith Keller und Christian Finger
Bilder: Entangled Life
Chris Harker
Anstoss: Überlegen
Iren Meier
Zur Weltenlage: Die Pflegekatastrophe – sie geht uns alle an!
Tobias Foß
Die andere Schweiz
Jonathan Pärli im Gespräch mit Dolores Zoé Bertschinger
Gefühlsduselei: Kampagne gegen die Realität
Geneva Moser
Lesen: Anstössige Theologie (Marcella Althaus-Reid)
Sonja Thomaier
Lesen: Befreiung vom Kapitalismus (Joerg Rieger)
Ulrich Duchrow
In eigener Sache: Verabschiedung von Paul Gmünder aus der Redaktion
Kurt Seifert und Geneva Moser
Nadelöhr: Desertieren!
Matthias Hui
Bestellung Einzelheft (48 Seiten, CHF/EUR 12.-):
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