Die Stadt Zürich widmete 2021 acht Strassen nachträglich berühmten Frauen. Eine davon ist Margarete Susman: «Margarete Susman (1872–1966) war Dichterin, Essayistin und Journalistin. Sie engagierte sich politisch gegen den Nationalsozialismus und lebte ab 1933 als Emigrantin in Zürich», ist auf der Hinweistafel zu lesen. Auf ihrem Grabstein auf dem jüdischen Friedhof Oberer Friesenberg stehen die Worte: Dichterin, Denkerin, Deuterin.
In Zusammenarbeit mit zahlreichen Fachpersonen haben wir diese eindrückliche Frau in den letzten Monaten besser kennengelernt. Sie schrieb Gedichte, verfasste Bücher und Essays über Lyrik, zur Frauenbewegung und zum Judentum. Sie stand in Verbindung mit den wichtigen Philosophen ihrer Zeit und setzte sich mit der Shoah sowie dem revolutionären politischen Potenzial des jüdischen Denkens in der säkularen Welt des 20. Jahrhunderts auseinander.
Mit den Neuen Wegen und der religiös-sozialen Bewegung war Margarete Susman eng verbunden und prägte unser Heft grundlegend. Mit einer umfangreichen Sondernummer starten wir in das Jubiläumsjahr anlässlich von Margarete Susmans 150. Geburtstag (14. Oktober 1872).
Die Rabbinerin Elisa Klapheck ist als Biografin eine profunde Kennerin von Susmans Leben und Werk. Im Neue Wege-Gespräch mit Matthias Hui lässt sie an ihrem Wissen teilhaben. Willi Goetschel, Philosoph und Literaturwissenschaftler, zeigt, wie aktuell Susmans Gedanken sind, insbesondere zur Geschlechtergerechtigkeit und zum Weiterleben als jüdischer Mensch nach der Shoah. Ebenfalls mit der Frage der Geschlechtergerechtigkeit im Verständnis von Margarete Susman befasst sich die Politologin Antje Schrupp. Dabei stösst sie auf ein provokatives, theologisches Verständnis von Mutterschaft. Die geistig-religiöse Verwurzelung Susmans ist für den Publizisten Micha Brumlik die Grundlage von Susmans universellem Denken. Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Anna Czaijka gibt einen Einblick in das nicht sehr umfangreiche Werk von Margarete Susman, welches in seiner Bedeutung für Fragen der Gegenwart aber längst noch nicht abschliessend erfasst worden ist. Wie Margarete Susman als Emigrantin in der antisemitisch gestimmten Atmosphäre während des Zweiten Weltkrieges und in einer sie nicht willkommen heissenden Schweiz Heimat bei den religiösen Sozialist*innen fand, berichtet Co-Redaktionsleiter Matthias Hui. Begleitet werden die Artikel von Auszügen aus Texten von Margarete Susman selbst und einem kurzen Überblick über die Lebensdaten der Dichterin, Deuterin und Denkerin.
Inhalt
Margarete Susman – Dichterin, Denkerin, Deuterin
Lebensdaten
In der Revolution ist alles eins
Neue Wege-Gespräch mit Elisa Klapheck
Vordenkerin unserer Zeit
Willi Goetschel
«Der Wille der Frau, als Frau wahrhaft Mensch zu sein»
Antje Schrupp
Sich entscheiden, Jüdin und Jude zu bleiben
Gespräch mit Micha Brumlik
Margarete Susman – Begegnungen mit ihrem Werk
Anna Czajka
«Ich wett hei laufe» - Margarete Susmans Emigration in die Heimat
Matthias Hui
Auszüge aus Originaltexten
Margarete Susman
Anstoss: Schwarzer Samt
Iren Meier
Mit Karl Marx die Bibel lesen
Franz Segbers
Nadelöhr: Die schwarzen Tasten der Flucht
Matthias Hui
Gefühlsduselei: Maid: In der Armutsschleife
Geneva Moser
Bestellung (Einzelheft, 60 Seiten, CHF 10.-):
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