Am Palmsonntag formierte sich in Bern eine Menschenkette von der Dreifaltigkeitskirche bis zum Bundeshaus. Bücher mit handgeschriebenen Angaben zu jedem der mehr als 48 000 Menschen, die seit 1993 auf der Flucht nach Europa umgekommen sind, wurden der Politik übergeben. Die meisten Geflüchteten sind im Mittelmeer ertrunken, viele auch unter den Augen von Frontex. An den europäischen Aussengrenzen leben ausserdem Hunderttausende Menschen in erbärmlichen Verhältnissen und Lagern. Zum Beispiel überwacht Frontex seit 2017 den Luftraum über dem zentralen Mittelmeer. Wenn ein Flüchtlingsboot entdeckt wird, benachrichtigt die Agentur häufig die sogenannte libysche Küstenwache; diese fängt das Boot ab und schafft die Menschen nach Libyen zurück, wo ihnen in Haftanstalten schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Vor dem Bundeshaus sprach ein Pfarrer davon, dass nicht nur am Palmsonntag Gastfreundschaft für Geflüchtete und der Einzug von Friedefürsten in die Stadt ermöglicht werden müsse – und Protest gegen die Herrschenden auf den Thronen.
Es gibt kirchliche Stimmen zur Abstimmung. Das HEKS verzichtet allerdings trotz Kritik an Frontex vornehm auf eine Parole. Es fordert immerhin, dass endlich mehr legale und sichere Fluchtwege in die Schweiz geöffnet werden müssten. Vielen unmittelbar bedrohten Angehörigen von afghanischen Geflüchteten, die das Hilfswerk in der Schweiz betreut, bleibe beispielsweise der Zugang zu einem humanitären Visum und damit zu einer sicheren Flucht verwehrt.
Auch aus diesem Grund, um den Druck auf legale und sichere Fluchtwege zu erhöhen, sagen viele kirchliche Basisgruppen und Migrationsfachpersonen Nein zum Frontex-Ausbau. Es brauche eine massive Erhöhung des Resettlement-Kontingents, erleichterte Familienzusammenführung, die Wiedereinführung des Botschaftsasyls und generell eine viel grosszügigere Aufnahme von flüchtenden Menschen. Caritas Schweiz spricht sich gegen eine Erhöhung der Schweizer Beiträge an Frontex aus. Die Politik und das Vorgehen von Frontex würde das Grundrecht jedes Menschen, ein Asylgesuch zu stellen, massiv verletzen.
Eben: Welches Gesicht soll Europa haben?