Ich hab die Dürre gesehen.
Ich hab gesehen, wie die Hitze sich über
die Stadt legt und brennt.
Ich hab die Dürre gesehen.
Ich hab gesehen, wie Staub sich über die
Stadt legt. Und Rohre, die husten.
Ich hab die Dürre gesehen.
Ich hab die Dürre gesehen und wie das
Meer salzig lacht.
Ich hab die Dürre gesehen.
Im Urlaub in Cape Town.
Ich hab die Dürre gesehen.
Und hab mich gewaschen, wenn ich
stank.
Ich hab die Dürre gesehen.
Und wie die Wasserhähne mir trotzdem
noch gehorchten.
Ich hab die Dürre gesehen.
Und den Tafelberg und den Botanischen
Garten.
Ich hab die Dürre gesehen
und fliege wieder heim.
Ich wollte noch nie nach Südafrika. Zu oft habe ich gehört, dass die «Rassentrennung» dort noch ziemlich spürbar ist. Dem wollte ich mich nicht aussetzen, und dem wollte ich auch keinen Rappen Tourigeld beisteuern. 2015 hörte ich dann von den Studierendenprotesten. Ich war begeistert von den Dekolonialisierungsbewegungen, die folgten. Ich sprach im Laufe der nächsten Jahre mit einigen schwarzen und muslimischen FreundInnen, die in Cape Town, Durban oder Johannesburg gewesen sind, dort AktivistInnen kennen gelernt hatten und erfrischt und inspiriert zurückkamen in den schläfrig zähen Diskurs über Rassismus in der Schweiz und Deutschland. Ich lernte zwei Slampoeten aus Südafrika kennen, die mich ermutigten, das Land zu besuchen, schon allein wegen der Spoken Word Szene, die sowohl in Cape Town als auch in Johannesburg besonders spannend ist. Ich vergass die absurden Reisekataloge, die weissen EuropäerInnen Afrika als exotischen Zoo schmackhaft machen sollten. Als teures Urlaubsparadies inmitten der Ruinen des Apartheidregimes. Ich vergass mein persönliches Boykottvorhaben und landete Anfang des Jahres doch noch in Südafrika. Ein paar Tage vor Abflug erfuhr ich erst von der Dürre, die Cape Town seit drei Jahren plagt, inzwischen aber so ernst geworden ist, dass «Day Zero» zu kommen droht, an dem alle Wasserreserven der Stadt aufgebraucht sein werden. Ich fragte mich, wie legitim es ist, trotzdem hinzufliegen, erzählte mir selbst etwas von meinem Beitrag zum südafrikanischen BIP, nahm mir vor, Wasser zu sparen und trat die aufregende Reise an.